Anfang April 2017 haben das Musikstreamingservice Spotify und die Universal Music Group einen neuen Lizenzvertrag ausgehandelt, von dem bekannt wurde, dass Spotify niedrigere Lizenzentgelte an den Musik-Major zahlen muss, im Gegenzug aber zugestimmt hat, sich an von Universal vorgegebene Wachstumsziele im Subskriptionssegment zu halten.[1] Zwar wurden keine Details zu diesem Deal bekannt gegeben, aber es lässt sich auf Basis der Publikation „Dissecting the Digital Dollar“ des International Music Managers Forum (IMMF) rekonstruieren, wie die neue Musikstreaming-Ökonomie funktioniert und wer dabei die Nutznießer sind, wie in der Folge noch näher ausgeführt wird.

 

Ein Interview von mir zu diesem Thema fürs Deutschlandradio kann übrigens hier nachgehört werden: http://www.deutschlandradiokultur.de/musik-im-internet-das-ende-des-kostenfreien-streamings.2177.de.html?dram:article_id=383839

 

Die Musikstreaming-Ökonomie – ein Einblick

Bei der Lizenzierung von On-Demand Musikstreamingdiensten wie Spotify, Deezer, Apple Music und Napster muss grundsätzlich zwischen den Rechten an den Musikaufnahmen, die i.d.R. bei den Unternehmen der phonografischen Industrie (kurz Labels) liegen und den Musikverlagsrechten unterschieden werden.

 

Die Lizenzierung von Rechten an der Musikaufnahme (Masterrechte)

Da Streamingdienste ihr Leistungsangebot gegen eine monatliche Flatrate oder gratis im Fall von werbefinanzierten Modellen verfügbar machen, kann die Abrechnung der Lizenzen nicht wie bei Musikdownloads auf Basis eines Großhandels- oder Händlerabgabepreises erfolgen, sondern die Rechteverwerter verlangen einen Umsatzanteil von Spotify & Co. Da die Musikstreamingdienste ursprünglich finanziell nicht in der Lage waren, den Lizenzforderungen der Labels nachzukommen, bestand und besteht ein Lizenzdeal auch heute noch aus zumindest 5 Komponenten:

  1. Umsatzanteil: Die Labels erhalten 55-60 Prozent aller Einnahmen eines Streamingdienstes, die auf ihren Masterkatalog entfallen.
  2. Minimum-Garantien: Ein Musikstreamingdienst muss einen vertraglich vereinbarten Fixbetrag ans Label zahlen, egal wieviel an Einnahmen ein Musikstreamingdienst generiert.
  3. Vorschuss: Damit ein Musikstreamingdienst überhaupt vom Label lizenziert wird, muss er vorab einen Vorschuss (d.h. einen Fixbetrag) meist in Millionen-US$-Höhe bezahlen, der später dann mit den Lizenzzahlungen gegenverrechnet wird.
  4. Unternehmensanteile: Solange Musikstreaming-Dienste in der Start-up-Phase waren, konnten sie sich i.d.R. die Vorschusszahlungen nicht leisten. Deshalb haben die Labels als Gegenleistung Unternehmensanteile erhalten, die im Fall eines Verkaufs oder durch einen Börsengang der Streamingdienste von den Labels monetarisiert werden können.
  5. Administrations- oder Technologieentgelte: Es handelt sich dabei um Zahlungen an die Labels, um die administrativen/technischen Kosten der Bereitstellung des musikalischen Contents an die Streamingdienste abzugelten.

Die Lizenzdeals differenzieren dabei zwischen den Bezahl-Abo-Modellen und den werbefinanzierten Gratisangeboten, sofern ein solches überhaupt angeboten wird. Die Lizenzentgelte für das Bezahlmodell fallen dabei höher als bei den werbefinanzierten Angeboten aus. In beiden Fällen ist es aber notwendig, dass die Streamingservices regelmäßig (meist auf monatlicher Basis) die Nutzungszahlen des verfügbar gemachten Musikkatalogs an die Labels berichten. Folgende Informationen müssen vertraglich vereinbart an die phonografischen Unternehmen weitergeleitet werden:

  1. Gesamtzahl der AbonnentInnen des Bezahlangebots
  2. Gesamtumsatz nach Umsatzsteuer
  3. Gesamtzahl der getätigten Streams
  4. Gesamtzahl der Streams, die einem Labelkatalog zuordenbar ist
  5. Anteil der Streams eines Labelkatalogs an der Gesamtzahl der getätigten Streams

Auf Basis dieser Informationen errechnen die Streamingdienste, wie sich der Gesamtumsatz auf die einzelnen phonografischen Unternehmen gemäß ihrer Repertoireanteile verteilt. Liegt beispielsweise der Anteil der Streams aus dem Masterkatalog der Universal Music Group an der Gesamtzahl der Streams bei 40 Prozent, so erhält der Major die vertraglich vereinbarten 55-60 Prozent von 40 Prozent des Gesamtumsatzes des Streamingdienstes nach Abzug der Umsatzsteuern. Sollte dieser Betrag aber niedriger als die Minimalgarantie sein, so erhält das Label letzteren Fixbetrag.

Da die Indies nicht über die Marktmacht der phonografischen Majors verfügen, können sie im Alleingang weder die vorteilhaften Deals der Konzerne durchsetzen noch umfassende Reportingansprüche an die Streamingdienste stellen. Damit die Indies eine bessere Verhandlungsposition gegenüber digitalen Musikservice-Providern (DSPs) bekommen, haben 2007 einflussreiche Indie-Labels die digitale Rechteverwertungsagentur MERLIN gegründet, die mittlerweile 700 Mitglieder in 47 Ländern hat, die mehr als 20.000 Musiklabels vertreten. MERLIN ist deshalb auch in der Lage, ähnlich vorteilhafte Verträge mit den Streamingdiensten abzuschließen wie die Majors.

Welchen Anteil der Einnahmen bekommen nun die InterpretInnen, die in der Musikaufnahme zu hören sind? Das hängt davon ab, welche Einnahmenanteile in ihren Verträgen mit den Labels vereinbart sind. In Altverträgen, die noch auf CD-Verkäufe abzielten, liegt diese Anteil bei in etwa 15 Prozent der ihnen zurechenbaren Aufnahmen. In neuen Verträgen mit einer expliziten Digitalklausel, kann der Umsatzanteil bis zu 50 Prozent ausmachen. Es liegt also weniger an den Streaminservices, dass InterpretInnen eher bescheidene Einnahmen aus dem Musikstreaming generieren als vielmehr an den Labels, die bestenfalls nur die Hälfte der Streamingeinnahmen, die auf eine KünstlerIn entfallen, an diese weiterreichen.

 

Die Lizenzierung von Verlagsrechten

Die Lizenzierung von Verlagsrechten gestaltet sich wesentlich komplizierter als jene von Masterrechten. Das liegt vor allem daran, dass die Lizenzierungspraxis in den einzelnen Ländern unterschiedlich gehandhabt wird. Während in den USA die kollektive und gesetzlich verpflichtende Lizenzierung (compulsory licencing) der Verlagsrechte an die Streamingservices Praxis ist, existieren in Europa verschiedene Formen der Lizenzierung nebeneinander. So haben vor allem die Industrieverlage der Majors mit großen Verwertungsgesellschaften gemeinsame Tochterunternehmen gegründet, die das anglo-amerikanische Repertoire an die in Europa aktiven Musikstreamingdienste direkt lizenzieren. So besteht ein Joint Venture namens SOLAR Music Rights Management zwischen Sony/ATV Publishing (inkl. EMI) und der britischen PRS sowie der deutschen GEMA, das das anglo-amerikanische Verlagsrepertoire von Sony/ATV im gesamten EU-Raum vertritt. Ähnlich gelagerte Joint Ventures gibt es zwischen der Universal Publishing mit der französischen SACEM (DEAL) und zwischen Warner/Chappell und der britischen PRS (Pan European Digital Licensing – PEDL). Auch die BMG hat mit der GEMA 2012 ein Joint Venture – Anglo-American Rights European Service Agency (ARESA) – gegründet, um die anglo-amerikanischen Verlagsrechte im europäischen Wirtschaftsraum (EWR) in einem On-Stop-Shop zu lizenzieren. Der Musikverlag Kobalt betreibt nach einer nunmehr beendeten Kooperation mit der schwedischen Verwertungsgesellschaft STIM seine eigene „Verwertungsgesellschaft“, nachdem die AMRA gekauft wurde. Und ähnlich wie die Indie-Labels haben nunmehr auch die Indie-Musikverlage eine Agentur zur Lizenzierung ihrer mechanischen Rechte am anglo-amerikanischen Repertoire mit der britischen PRS gegründet – Independent Music Publishers‘ E-Licensing (IMPEL).

In all diesen Fällen von Kooperationen zwischen Musikverlagen und Verwertungsgesellschaften ist die Lizenzierung des anglo-amerikanischen Repertoires an die DSPs Vertragsgegenstand. Nationale europäische Repertoires der Major-Verlage werden nach wie vor über die Verwertungsgesellschaften an die im jeweiligen Land tätigen Streamingdienste lizenziert. Das gilt natürlich auch für jene kleinen Musikverlage, die sich nicht der IMPEL-Initiative angeschlossen haben. Im Fall von Streamingservices geht es dabei um die Wahrnehmung der Vervielfältigungsrechte, aber vor allem um das Zurverfügungstellungsrecht (Online-Recht).

Ein Musikstreamingdienst, der in einem europäischen Land ein Gesamtangebot bieten möchte, muss, um alle Verlagsrechte abzudecken, Lizenzdeals mit den großen Verwertungsagenturen SOLAR, DEAL, PEDL, ARESA, AMRA und IMPEL machen, aber auch mit den jeweils relevanten nationalen Verwertungsgesellschaften. Die direkten Deals zwischen Lizenzagenturen und den Musikstreamingservices ähneln den Masterrechte-Vereinbarungen der Labels. Die Streamingunternehmen müssen eine Minimum-Garantie wie auch Vorschusszahlungen akzeptieren, die aber niedriger ausfallen als jene an die Labels. Zudem verpflichten sich die Streamingdienste, 10-15 Prozent ihrer Einnahmen je nach Repertoireanteil der Verlage an diese auszubezahlen. Jene Rechte, die die Verwertungsgesellschaften im Namen der Verlage und UrheberInnen wahrnehmen, werden nach dem jeweiligen Verteilungsschema der Verwertungsgesellschaft abgerechnet.

Was kommt nun von den Lizenzentgelten der Streamingdienste bei der UrheberInnen (TextautorInnen und KomponistInnen) an? Bei den direkten Lizenzdeals leiten die Musikverlage die Abgeltung des Vervielfältigungsrechts auf Basis der vertraglichen Vereinbarungen mit den UrheberInnen an diese weiter. Das Online-Recht wird sowohl im Fall der direkten Lizenzierung durch eine der Rechteagenturen als auch bei der indirekten Lizenzierung über eine Verwertungsgesellschaft, von letzterer meist 50:50 zwischen Musikverlag und UrheberIn abzüglich eines Verwaltungsanteils abgerechnet. Bei der indirekten Wahrnehmung des Vervielfältigungsrechts durch eine Verwertungsgesellschaft, schüttet diese entweder 100 Prozent an den Verlag aus, der den vertraglich vereinbarten Anteil an die UrheberInnen ausbezahlt oder es werden die Lizenzentgelte auf Basis der Verteilungsbestimmungen zwischen den Verlagen und UrheberInnen aufgeteilt und direkt ausbezahlt. Was also die UrheberInnen letztendlich erhalten, hängt wiederum nicht direkt von den Auszahlungen der Musikstreamingdienste ab, sondern einerseits von den in den Verlagsverträgen vereinbarten Umsatzanteilen und andererseits von den Verteilungsregeln der Verwertungsgesellschaften.

 

Gesamtsicht und Problemfelder

Die Musikstreaming-Ökonomie ruht also auf zwei Säulen: (1) die Lizenzierung der Masterrechte an den Musikaufnahmen und (2) die Lizenzierung der Verlagsrechte wie aus Abb. 1 hervorgeht.

 

Abbildung 1: Die Rechte- und Lizenzierungsstruktur im Musikstreaming

Quelle: Eigene Darstellung nach International Music Managers Forum (IMMF 2015: 45).

 

Insgesamt leiten die Musikstreamingdienste 70-75 Prozent ihrer Einnahmen an die RechteinhaberInnen (55-60 Prozent an die Labels und 10-15 Prozent an die Musikverlage) weiter. Das belastet nicht nur die Kostenstruktur der Musikstreamingdienste und stellt die wirtschaftliche Nachhaltigkeit des Geschäftsmodells insgesamt infrage (wie ich schon am Beispiel von Spotify ausführlich analysiert habe), sondern es stellt sich dabei auch die Verteilungsfrage zwischen den RechteinhaberInnen.

 

1. Die Verteilung der Einnahmen zwischen Labels und Verlage

Der Verteilungsschlüssel von 55-60 Prozent der Einnahmen an die Labels und 10-15 Prozent an die Musikverlage geht auf die Logik der CD-Vermarktung zurück. So ist die Aufnahme, Herstellung und Verbreitung einer CD durch ein phonografisches Unternehmen mit wesentlich höherem Aufwand verbunden als die Herstellung und Verbreitung von Musiknoten und das Abschließen von Synch-Deals durch die Musikverlage. Zudem kann eine Musikaufnahme „nur“ 70 Jahre (in der EU) und bis zu 95 Jahre (in den USA) wirtschaftlich durch ein Label verwertet werden bis sie gemeinfrei wird, wohingegen die Verlagsrechte bis 70 Jahren nach Ableben der UrheberIn immer noch monopolistisch ausgewertet werden können. Verlage erhalten auch dann Vergütungszahlungen, wenn eines ihrer Werke live aufgeführt und wenn es in anderer Form wieder aufgenommen wird. D.h. die Möglichkeit der wiederholten Werknutzung über einen längeren Zeitraum bei niedrigeren Herstellkosten rechtfertigt den niedrigeren Umsatzanteil. Dennoch haben sich die Verwertungsprozesse der Labels und Verlage beim Musikstreaming einander angenähert, was durchaus einen höheren Einnahmenanteil für die Verlage rechtfertigen würde. Es ist letztendlich eine Frage der Verhandlungsmacht – auch innerhalb der Majors –, ob die Musikverlage und mit ihnen die UrheberInnen sich auf Kosten der Labels und der InterpretInnen wirtschaftlich besser stellen können.

 

2. Die Verteilung zwischen dem Vervielfältigungs- und Zurverfügungstellungsrecht

Für die Masterrechte ist die Unterscheidung zwischen Vervielfältigungs- und Zurverfügungstellungsrecht akademischer Natur, weil sie in der Musikaufnahme zusammenfallen und gemeinsam lizenziert werden. Bei den Verlagsrechten ist das aber anders. Zwar werden im EU-Raum das Vervielfältigungs- und Zurverfügungstellungsrecht an einem Musikwerk im Paket an die Streamingdienste lizenziert, aber die Verteilung der Lizenzentgelte erfolgt getrennt. So zahlt beispielsweise die britische PRS 50 Prozent der Einnahmen aus der Wahrnehmung des Zurverfügungstellungsrechts direkt an die UrheberInnen aus und die anderen 50 Prozent an die Verlage, wohingegen die Einnahmen aus der Auswertung des Vervielfältigungsrechts zu 100 Prozent an die Verlage bezahlt wird, und diese dann vertragskonform die Tantiemen an die UrheberInnen ausschütten, was aber i.d.R. weniger als 50 Prozent der Einnahmen ist. So gesehen profitieren die UrheberInnen mehr vom Zurverfügungstellungsrecht als vom Vervielfältigungsrecht. Das Problem besteht nun darin, dass das Urheberrecht in den meisten Ländern nicht definiert, ob Musikstreaming als Vervielfältigung oder als Zurverfügungstellung anzusehen ist. Es besteht allerdings die Tendenz Musikstreaming eher als Zurverfügungstellung von Musik anzusehen, was zur Verteilungspraxis 75 Prozent für die UrheberInnen und 25 Prozent für die Verlage geführt hat. Hingegen werden die Splits für Downloads, die eher als Vervielfältigung angesehen werden, genau umgekehrt verrechnet. Es ist also wieder eine Frage der Verhandlungsmacht, welche Verteilungsregeln zur Anwendung kommen.

 

3. Die Verteilung zwischen Rechteverwertern und Musikschaffenden

Die Frage nach der Verteilung der Lizenzeinnahmen von Musikstreamingservices wurde bereits weiter oben diskutiert und es wurde klargestellt, dass vertraglichen Vereinbarungen zwischen Rechteverwertern (Labels und Musikverlage) und Musikschaffenden (InterpretInnen und UrheberInnen) festlegen, welchen Anteil die KünstlerInnen am Einnahmenkuchen unterm Strich erhalten. Da – abgesehen von Superstars – die Verhandlungsmacht aufseiten der Verwerter liegt, werden die Vertragsklauseln wohl eher zugunsten dieser ausformuliert sein.

Die vorherrschende Abrechnungspraxis führt aber dazu, dass Mainstream-KünstlerInnen gegenüber Nischen-KünstlerInnen bevorzugt werden, was Mark Mulligan (2017) in einer Analyse aufzeigt. So bekommt ein Superstar wie Katy Perry z.B. 10 Prozent aller Einnahmen von der Ausschüttung an Universal, wenn ihr Streaminganteil am Gesamtkatalog von Universal ebenfalls 10 Prozent beträgt. D.h. Katy Perry bekommt auch von jenen Spotify-NutzerInnen Geld, die Katy Perrys Songs überhaupt nicht streamen. Die Alternative wäre eine auf tatsächliche Nutzung abstellende Verrechnung der Tantiemen. Dann würde eine Nischen-KünstlerIn Einnahmen in dem Ausmaß erhalten, in dem ihre Musik tatsächlich gestreamt wurde. Als Basis dafür müssten dann die Abo-Einnahmen des Streamingdienstes ggf. auch die die Werbeeinnahmen herangezogen werden – ein Modell, das Deezer bereits testet (ibid.).

Über die Lizenzeinnahmen hinausgehend, gibt es aber auch Einnahmen von Streamingdiensten, die nicht vertraglich zwischen Musikschaffenden und Verwertern geregelt sind – vor allem die Erlöse aus dem Verkauf von Unternehmensanteilen an den Streamingdiensten durch die Majors und nicht verrechnete Vorschusszahlungen. Es ist anzunehmen, dass im Fall eines Börsenganges oder einer anderen Form des Verkaufs eines Musikstreamingdienstes die Erlöse daraus allein dem Musik-Major zukommen und nicht mit den KünstlerInnen geteilt werden, deren kreative Leistungen aber letztendlich zur Wertsteigerung des Streamingdienstes beigetragen haben. Ähnlich verhält es sich mit nicht-verrechneten Vorschüssen der Streamingdienste an die phonografischen Unternehmen bzw. Verlage. Wenn z.B. ein Streamingdienst für die Vertragsperiode U$ 1 Mio. an ein Label als Vorschuss bezahlt, aber der Katalog des Labels nur im Wert von US$ 750.000 gestreamt wurde, dann hat das Label US$ 250.000 Mehreinnahmen – im Englischen „breakage“ genannt –, die nicht an die InterpretInnen verteilt werden müssen. Es liegt also im Ermessen des phonografischen Unternehmens, ob es diesen Betrag mit „seinen“ KünstlerInnen teilt oder nicht.

Zuletzt soll auch noch auf die Probleme des Reportings in der Musikstreaming-Ökonomie hingewiesen werden. Täglich wird eine Unmenge an Nutzungsdaten durch die Streamingdienste generiert, die zur nutzungskonformen Abrechnung an die RechteinhaberInnen weitergeleitet werden. Es besteht aber das Problem, dass die Labels und Verlage – sieht man einmal von den Majors ab – kaum die Möglichkeit haben, zu überprüfen, ob die von den Streamingservices gelieferten Daten korrekt sind. In weiterer Folge können auch die KünstlerInnen so gut wie nicht nachprüfen, ob die Reports der Labels/Verlage die Nutzungsrealität richtig wiedergeben und somit die Tantiemenberechnung korrekt ist. Hier könnte die Blockchain-Technologie, durch die die digitale Werknutzung transparent und fälschungssicher nachvollzogen werden könnte, Abhilfe schaffen, wie ich an anderer Stelle bereits ausgeführt habe.

Wir stehen aber erst am Beginn der Musikstreaming-Ökonomie und viele dieser Probleme werden in Zukunft virulenter werden, wenn das Musikstreaming seinen Siegeszug fortsetzt und eine immer wichtigere Einkommensquelle für die Musikindustrie wird. So hat die Universal Music Group für 2016 bereits Einnahmen aus dem Musikstreamingbusiness von rund EUR 1,5 Mrd. ausgewiesen, womit Streaming zur wichtigsten Einnahmenquelle für den Musik-Major wurde.[2] Es ist davon auszugehen, dass sich dieser Trend fortsetzt und somit die Frage aufwirft, wie die Streamingeinnahmen in Zukunft zwischen all den Berechtigten verteilt werden?

 

Quellen

International Music Managers Forum (IMMF), 2015, Dissecting the Digital Dollar, part 1. How streaming services are licensed and the challenges artists now face. Ashford: Hartley Brothers.

Mulligan, Mark, 2017, „Exclusive: Deezer Is Exploring User Centric Licensing“, Music Industry Blog, 19. April 2017 (Zugriff am 19.04.2017).

Music Business Research Worldwide, „Universal posts record revenues for 2016 – as streaming overtakes physical sales“, 23. Februar 2017 (Zugriff am 19.04.2017).

Music Business Research Worldwide, „Spotify will window albums on premium, as Universal finally inks new deal“, 4. April 2017 (Zugriff am 19.04.2017).

Musikwirtschaftsforschungs-Blog, „Das Musikbusiness in der Blockchain“, 28. Juli 2016 (Zugriff am 19.04.2017).

Musikwirtschaftsforschungs-Blog, „Die Ökonomie des Musikstreamings: Spotify“, 18. Juli 2016 (Zugriff am 19.04.2017).

 

Endnoten

[1] Siehe: https://www.musicbusinessworldwide.com/spotify-will-window-albums-on-premium-as-universal-finally-inks-new-deal/ (Zugriff am 19.04.2017).

[2] Siehe: https://www.musicbusinessworldwide.com/universal-posts-record-revenues-for-2016-as-streaming-overtakes-physical-sales/ (Zugriff am 19.04.2017).

 

 

2 Gedanken zu “Die Musikstreaming-Ökonomie – ein Einblick

  1. Interessant wäre auch zu wissen, wie eigentlich nicht kommerzielle Streaming Dienste sich finanzieren… z. B. Soundcloud und co (Link). Da können User Ihre „selbstgestaltete“ Musik hochladen, wobei es ja meistens ReMixes von bekannten Titeln sind.

    Die Gema kümmert sich um Youtube, soweit ich es mitbekommen habe.

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